ZDF | 30 min, 1998

Wenn Gülcin in den Semesterferien im Krankenhaus jobbt, sprechen manche Patienten sie in Zeichensprache an, weil sie sie für die neue Putzfrau halten. Dabei spricht die Dreiundzwanzigjährige nicht nur akzentfrei Deutsch, sondern studiert Medizin im vierten Semester. Sie leidet unter den Vorurteilen der Deutschen „wegen eines Meters Stoff“. Ihre jüngere Schwester Gülsen verhüllt sich ebenfalls und will Architektin werden. Gülsens beste Freundin Meyrem trägt kein Kopftuch, sondern kurze Röcke und ärmellose T-Shirts. Während Meyrem ihrer Mutter jede Freizügigkeit abtrotzt, denken die Schwestern über eine Zukunft in der anatolischen Heimat ihrer Großeltern nach. Im Urlaub dort machen sie überraschende Erfahrungen…

Stab

Buch und Regie: Jana Matthes & Andrea Schramm
Kamera: Tobias Albrecht
Ton: Katharina Migdoll
Schnitt: Christine Boock
Produktion: Ti:me Co:de Berlin

Rezensionen

„Ein unbefangener Blick auf ein Stück türkisches Leben in Deutschland…“

Ostseezeitung

„Es ist den zwei Autorinnen gelungen, einen differenzierten und einfühlsamen Film über ein sensibles und vielschichtiges Thema zu erarbeiten. Nicht nur der Generationskonflikt zwischen Tradition und Aufklärung sondern auch das – gerade heute – heiß umstrittene Thema „Islam“ ist in der Dokumentation aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet worden. Der Islam wird im Film weder verketzert noch idealisiert. Auch das neue Selbstverständnis der „Kopftuchträgerindarstellerinen“ im Film trägt dazu bei, sich von der Klischeevorstellung der unterdrückten, armen, und ungebildeten Kopftuchfrau zu verabschieden und einer differenzierten Betrachtungsweise Raum zu geben. Hierzu trägt auch die Freundschaft der unterschiedlich eingestellten jungen Frauen bei. Diese Freundschaft zwischen Kopftuch und Minirock ist so hervorragend bearbeitet worden, dass Äußerlichkeiten und unterschiedliche Weltanschauungen primär keine Rolle spielen – eine Normalität, von der unsere Gesellschaft lernen sollte. Daher möchten wir an dieser Stelle dem Autorinnenteam Schramm/Matthes noch einmal unsere Gratulationen aussprechen. Sie haben mit Ihrem Film das getroffen, wofür wir in der Integrationsarbeit Jahre brauchen: Sie haben überzeugt !“

Emine Demirbüken

„Der Fernsehfilm von Jana Matthes und Andrea Schramm stellte drei junge Türkinnen vor, die nicht den traditionellen Weg türkischer Frauen gehen. Die Geschwister Gülcin und Gülsen leben nach dem Koran und tragen Kopftücher.
Trotzdem: Gülcin studiert Medizin und Gülsen hat gerade ihr Abitur gemacht. Ihre Freundin Meyrem hingegen trägt Minirock und geht abends in die Disko.
Jana Matthes und Andrea Schramm beleuchteten sensibel den Alltag der Freundinnen, ihre Auseinandersetzungen mit ihren Familien und den Vorurteilen der Deutschen. Der Film zeigte deutlich, wie türkische Frauen versuchen, die Gratwanderung zwischen Freihheit und Tradition zu bewältigen um sich selbst zu verwirklichen.“

Michael Nordmann | Lübecker Nachrichten

„Es ging Jana Matthes und Andrea Schramm darum, den Alltag von drei jungen türkischen Frauen – Gülcin, Gülsen und Meyrem- zu zeigen. Sie sitzen gleichsam zwischen den Stühlen ihrer türkischen Herkunft und ihrem Geburtsland Deutschland. Alle drei wollen natürlich eine gute Ausbildung, Erfolg in einem verantwortungsvollen Job und einen Mann, den sie sich zudem selbst ausgesucht haben.
Den Weg dahin gehen sie allerdings auf höchst unterschiedliche Art und Weise – den Eltern, dem Koran und den Traditionen verpflichtet die Einen, im Westen verwurzelt und um jede Freizügigkeit kämpfend die Andere. Die Autorinnen verzichteten löblicherweise auf Bewertungen, wodurch ein recht unbefagener Blick auf ein Stück türkisches Leben in Deutschlanf gelang – und auch ein Beitrag zur nun anhebenden Diskussion um die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts.“

Michael Nordmann | Lübecker Nachrichten